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Versichertenberater – und die Entschädigung für die ehrenamtliche Tätigkeit

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Erhält der Steuerpflichtige im Rahmen seiner ehrenamtlichen Tätigkeit als Versichertenberater und Mitglied eines Widerspruchsausschusses Entschädigungen für Zeitaufwand gemäß § 41 Abs. 3 Satz 2 SGB IV, liegen weder die Voraussetzungen des § 3 Nr. 26 EStG noch die Voraussetzungen des § 3 Nr. 12 EStG vor. Der Freibetrag gemäß § 3 Nr. 26a EStG ist ein Jahresbetrag, der nur einmalig für sämtliche Einkünfte i.S. dieser Vorschrift zu gewähren ist.

Nach § 3 Nr. 26 EStG sind Einnahmen aus nebenberuflichen Tätigkeiten als Übungsleiter, Ausbilder, Erzieher, Betreuer oder vergleichbaren nebenberuflichen Tätigkeiten, aus nebenberuflichen künstlerischen Tätigkeiten oder der nebenberuflichen Pflege alter, kranker oder behinderter Menschen im Dienst oder im Auftrag einer juristischen Person des öffentlichen Rechts in Höhe von insgesamt 2.100 EUR im Jahr steuerfrei.

Eine Tätigkeit als “Betreuer” i.S. dieser Vorschrift setzt sowohl eine pädagogische Ausrichtung als auch einen direkten persönlichen Kontakt voraus.

Dies ergibt sich zum einen aus der Begründung des Finanzausschusses zum Steuerbereinigungsgesetz 1999, mit dem der Begriff des “Betreuers” in die Vorschrift aufgenommen worden ist. Trotz etwaiger Überschneidungen zu den schon zuvor erfassten “vergleichbaren nebenberuflichen Tätigkeiten” sollten danach ausdrücklich diejenigen Tätigkeiten erfasst werden, die durch einen direkten pädagogisch ausgerichteten Kontakt zu den betreuten Menschen dem Kernbereich des ehrenamtlichen Engagements zuzurechnen sind.

Zum anderen ist der systematische Zusammenhang mit den anderen Personengruppen zu berücksichtigen, die in § 3 Nr. 26 EStG genannt werden. Die Tätigkeiten als “Übungsleiter, Ausbilder, Erzieher” sind sämtlich von einer pädagogischen Ausrichtung geprägt; sie nehmen auf andere Menschen durch persönlichen Kontakt Einfluss, um auf diese Weise geistige und körperliche Fähigkeiten zu entwickeln und zu fördern.

Dementsprechend gilt das Erfordernis der pädagogischen Ausrichtung und des persönlichen Kontakts sowohl für die Betreuer als auch für die vergleichbaren nebenberuflichen Tätigkeiten i.S. des § 3 Nr. 26 EStG. Dass die Tätigkeit unter sozialen Aspekten wünschenswert ist, reicht auch unter Berücksichtigung des Gesetzeszwecks der Stärkung des ehrenamtlichen Engagements und der dadurch gebotenen weiten Auslegung des § 3 Nr. 26 EStG nicht aus.

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze bestätigte der Bundesfinanzhof im hier entschiedenen Fall, dass die Tätigkeit als Versichertenberaterin weder die Voraussetzungen eines Betreuers noch die Voraussetzungen einer vergleichbaren nebenberuflichen Tätigkeit erfüllt.

“Versichertenberater” ist gemäß § 61 Abs. 1 Satz 1 der Satzung der Rentenversicherung (DRV) die Funktionsbezeichnung für die Versichertenältesten i.S. des § 39 SGB IV. Sie haben insbesondere die Aufgabe, eine ortsnahe Verbindung der Rentenversicherung (DRV) zu den Versicherten und den Leistungsberechtigten herzustellen und diese zu beraten und zu betreuen; sie sollen in Fragen der Rentenversicherung Auskunft und Rat erteilen und den Versicherten bei der Ausfüllung von Leistungsanträgen behilflich sein (§ 61 Abs. 1 Satz 2 der Satzung der Rentenversicherung (DRV). Die Versichertenberater werden durch die Vertreterversammlung der Rentenversicherung (DRV) gewählt (§ 61 Abs. 2 Satz 1 der Satzung der Rentenversicherung (DRV). Sie üben ihre Tätigkeit ehrenamtlich aus (§ 40 Abs. 1 Satz 1 SGB IV, § 4 der Satzung der Rentenversicherung (DRV).

Zwar hat die Versichertenberaterin danach persönlichen Kontakt zu den von ihr beratenen Personen, denen sie auch Wissen über deren Rentenansprüche vermittelt. Im Vordergrund steht aber nicht die Entwicklung und Förderung der geistigen Fähigkeiten der beratenen Personen, sondern die Optimierung der Vermögenssituation dieser Personen im Bereich der Renten. Dies bedeutet, dass es letztlich nur um die Unterstützung bei Vermögens- und Finanzfragen geht, die keinen pädagogischen Charakter hat.

Auch die ehrenamtliche Tätigkeit als Mitglied eines Widerspruchsausschusses der Rentenversicherung (DRV) erfüllt nicht die Voraussetzungen des § 3 Nr. 26 EStG.

Die Widerspruchsausschüsse für laufende Verwaltungsgeschäfte (§ 67 der Satzung der Rentenversicherung (DRV) überprüfen die Entscheidungen der Rentenversicherung (DRV) und sind mit einem hauptamtlichen Vertreter des Direktoriums sowie zwei ehrenamtlichen Mitgliedern besetzt. Die ehrenamtlichen Mitglieder müssen die Voraussetzungen für die Wählbarkeit als Organmitglied der Rentenversicherung (DRV) erfüllen (§ 67 Abs. 2 der Satzung der Rentenversicherung (DRV). Damit ist diese Tätigkeit der Versichertenberaterin im Ergebnis Teil der Selbstverwaltung der Rentenversicherung (DRV) und hat keinen pädagogischen Charakter.

Darüber hinaus verneinte der Bundesfinanzhof im vorliegenden Fall auch die Erfüllung der Voraussetzungen für eine Steuerfreiheit gemäß § 3 Nr. 12 EStG:

§ 3 Nr. 12 Satz 1 EStG setzt die Zahlung von Aufwandsentschädigungen aus einer Bundes- oder Landeskasse voraus. Daran fehlt es im Streitfall. Denn die zahlende Rentenversicherung (DRV) ist eine selbständige juristische Person des öffentlichen Rechts (§ 1 Abs. 1 der Satzung der Rentenversicherung (DRV).

Auch die Voraussetzungen des § 3 Nr. 12 Satz 2 EStG, der nicht auf Zahlungen aus einer Bundes- oder Landeskasse beschränkt ist, sondern allgemein auf Zahlungen aus öffentlichen Kassen abstellt, liegen nicht vor. Denn diese Vorschrift gilt u.a. ausdrücklich nicht für Aufwandsentschädigungen, die für Zeitverlust gewährt worden sind. Nach den für den Bundesgerichtshof bindenden Feststellungen des FG (§ 118 Abs. 2 FGO) handelt es sich bei den an die Versichertenberaterin gezahlten Entschädigungen aber gerade um Pauschbeträge für Zeitaufwand gemäß § 41 Abs. 3 Satz 2 SGB IV. Die Versichertenberaterin hat hiergegen keine Einwendungen erhoben.

Schließlich hat das FG der Versichertenberaterin zu Recht den Freibetrag gemäß § 3 Nr. 26a EStG in Höhe von 500 EUR gewährt, und zwar einmalig im Streitjahr für sämtliche Einkünfte aus ihren Tätigkeiten als Versichertenberaterin und Mitglied eines Widerspruchsausschusses.

§ 3 Nr. 26a EStG setzt Einnahmen aus nebenberuflichen Tätigkeiten im Dienst oder Auftrag einer juristischen Person des öffentlichen Rechts voraus, die nicht unter § 3 Nr. 12 oder Nr. 26 EStG fallen. Diese Voraussetzungen liegen im Streitfall vor.

Aus dem Wortlaut der Vorschrift ergibt sich, dass es sich bei dem Freibetrag gemäß § 3 Nr. 26a EStG um einen Jahresbetrag handelt, der auch dann nur einmal zu gewähren ist, wenn der Steuerpflichtige verschiedene nebenberufliche Tätigkeiten ausübt. Denn Satz 1 stellt im Plural auf die “Einnahmen aus nebenberuflichen Tätigkeiten” ab, die bis zur Höhe von “insgesamt 500 Euro im Jahr” steuerfrei sein sollen. Entsprechendes gilt für die Berechnung in Satz 3, wenn “die Einnahmen für die in Satz 1 bezeichneten Tätigkeiten”, d.h. die Einnahmen sämtlicher Tätigkeiten i.S. des Satzes 1, “den steuerfreien Betrag”, d.h. den Jahresbetrag in Höhe von 500 EUR, übersteigen.

Damit kann im Streitfall dahingestellt bleiben, ob die Tätigkeiten der Versichertenberaterin als Versichertenberaterin und Mitglied eines Widerspruchsausschusses steuerlich getrennt zu betrachten sind und ob die geltend gemachten Betriebsausgaben wie von der Versichertenberaterin vorgetragen- nur der Tätigkeit als Versichertenberaterin zuzuordnen sind.

Im vorliegenden Fall bedeutete dies: Die Versichertenberaterin erzielte hier im Streitjahr aus ihren Tätigkeiten als Versichertenberaterin und Mitglied eines Widerspruchsausschusses Einnahmen in Höhe von insgesamt 7.788 EUR und konnte hierfür Betriebsausgaben in Höhe von insgesamt 1.369 EUR geltend machen.

Gemäß § 3 Nr. 26a Satz 1 EStG sind diese Einnahmen in Höhe von 500 EUR steuerfrei. Die Betriebsausgaben konnten von den verbleibenden steuerpflichtigen Einnahmen in Höhe von 7.288 EUR aber nur insoweit abgezogen werden, als sie die steuerfreien Einnahmen übersteigen, d.h. in Höhe von 869 EUR (§ 3 Nr. 26a Satz 3 EStG). Daraus ergibt sich der in der Einspruchsentscheidung vom 05.07.2013 ermittelte steuerpflichtige Gewinn in Höhe von 6.419 EUR.

Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs steht nicht im Widerspruch zu seiner Entscheidung vom 31.01.2017, wonach Entschädigungen ehrenamtlicher Richter für Zeitversäumnis i.S. des § 16 des Justizvergütungs- und entschädigungsgesetzes nicht zu steuerbaren Einkünften führen. Weder die ehrenamtliche Tätigkeit als Versichertenberaterin noch die ehrenamtliche Tätigkeit als Mitglied eines Widerspruchsausschusses sind mit der Tätigkeit eines ehrenamtlichen Richters vergleichbar. Denn die Versichertenberaterin handelte nicht wie eine unabhängige Richterin, sondern verfolgte die Interessen der Versicherten und insbesondere in ihrer Funktion als Mitglied eines Widerspruchsausschusses, mit der sie im Ergebnis Teil der Selbstverwaltung der Rentenversicherung (DRV) war- auch die Interessen der Rentenversicherung (DRV).

Bundesfinanzhof, Urteil vom 3. Juli 2018 – VIII R 28/15


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